Kurz vor Feierabend kommt Ihr Chef ins Büro und bittet Sie, noch eine umfangreiche Tabelle mit Umsatzzahlen zu erstellen. Sie hatten vor, mal pünktlich nach Hause zu gehen. Die Unterlagen sind wichtig, und schließlich sagen Sie „Ja“.
Kennen Sie solche Situationen? Es spielt dabei keine Rolle, ob der Chef Sie bittet, eine Tabelle zu machen, oder Ihr Partner den Einkauf doch nicht erledigen kann – trotz eines heftigen inneren „Nein, heute erledige ich das nicht mehr“, willigen Sie ein und ärgern sich noch Stunden später darüber, dass Sie zugesagt haben. Ihre Gefühle schwanken zwischen Freude darüber, gebraucht zu werden, und Vorwürfen, sich wieder mal nicht durchgesetzt zu haben.
So gelingt Ihnen der Ausweg aus den 6 „Ja-Fallen“:
1. Sie werden gelobt
„Ohne Sie schaffe ich es nicht mehr, die Tabelle pünktlich zu erstellen.“ Lob und Anerkennung sind ein Kompliment und verführen Sie dazu, mehr Aufgaben anzunehmen, als Sie möchten. Fallen Sie nicht darauf herein! Formulieren Sie Ihr „Nein“ so: „Schön, dass Sie meine Arbeit so schätzen, ich habe allerdings eine dringende Aufgabe übernommen, die bis morgen 9:00 Uhr fertig sein muss und meine volle Konzentration erfordert.“
2. Sie fühlen sich verpflichtet
Hat Ihre Kollegin schon einmal eine Aufgabe für Sie erledigt und bittet Sie jetzt im Gegenzug ebenfalls darum, für sie einzuspringen? Sie sind geneigt, „Ja“ zu sagen, weil Sie sich verpflichtet fühlen. Dennoch sind Sie nicht verpflichtet, jederzeit auszuhelfen, wenn es Ihnen im Augenblick nicht passt. Signalisieren Sie aber eine grundsätzliche Bereitschaft mit dem Hinweis, dass es heute leider nicht gehe. „Danke, dass du in der letzten Woche für mich eingesprungen bist. Ich würde dir heute gern helfen, aber ich bin auf dem Weg zur Konferenz, in der ich heute Protokoll schreibe.“ Bieten Sie ihr an: „Beim nächsten Mal gern.“
3. Abhängigkeit
„Können Sie heute länger bleiben, Frau Schmidt? Ich möchte gern einige Unterlagen mit Ihnen zusammenstellen. Sie haben sich intensiv in dieses Thema eingearbeitet, und ich brauche unbedingt Ihre Hilfe.“ Sie haben das „Selbstverständlich“ schon fast ausgesprochen, denn jetzt „Nein“ zu sagen, macht sich schlecht. Schließlich sind Sie ja grundsätzlich bereit, nur heute geht es wirklich nicht, weil Sie einen anderen wichtigen Termin haben.
Prüfen Sie die Situation genau. Kommt es erstmalig vor, dass Sie kurzfristig gebeten werden länger zu bleiben, oder ist es an der Tagesordnung? Haben Sie mit Ihrem Chef vereinbart, dass er Ihnen 2 bis 3 Tage vorher mitteilt, wenn noch eine nicht eingeplante, besonders wichtige Aufgabe zu erledigen ist und er Ihre Hilfe benötigt? Sind die Arbeiten wirklich so dringend, oder reicht es, wenn Sie am nächsten Tag 1 Stunde früher kommen und diese Arbeit zuerst erledigen? Ist es eine wirkliche Ausnahme, dass Sie länger bleiben sollen, spricht nichts dagegen. Ist Ihr Chef aber so unorganisiert, dass Sie regelmäßig seine „Feuerwehr“ sind, dann sagen Sie das: „Ich helfe Ihnen gern, Herr Schulte. Bitte informieren Sie mich doch beim nächsten Mal 1 bis 2 Tage vorher, damit ich mich auf Überstunden einrichten kann. Heute habe ich leider schon einen anderen wichtigen Termin, den ich so kurzfristig nicht absagen kann. Ich komme aber morgen gern ein Stunde früher und gehe die Unterlagen mit Ihnen durch.“
4. Gewohnheit
Wie viele Gefälligkeiten für Kollegen, Freunde und Familienmitglieder übernehmen Sie, weil Sie die schon immer übernommen haben?
„Du kommst doch noch bei der Post vorbei, könntest du mein Paket aufgeben?“ – „Nein, ich habe heute nichts bei der Post zu erledigen.“ Anderes Beispiel: „Kannst du diese Papiere für mich kopieren, wenn du zum Kopierer gehst?“ Nein, können Sie nicht – Antworten Sie: „Nein, ich habe noch wichtige Telefonate zu erledigen, die möchte ich gern ohne Unterbrechung machen.“
5. Sie entscheiden zu schnell
Lassen Sie sich nicht hetzen! Sagen Sie nicht leichtfertig, dass Sie eine Arbeit übernehmen werden, ohne in Ihrem Kalender nachgesehen zu haben, ob Sie auch Zeit dafür haben.
Kleine Dienste werden gern zwischen Tür und Angel weitergegeben. Sagen Sie klar und deutlich, dass Sie erst nachsehen möchten, ob Ihr Zeitplan zusätzliche Arbeiten zulässt. Wenn nicht, sagen Sie es deutlich: „Ich schaue in meinen Terminkalender und rufe dich in der nächsten Viertelstunde zurück.“ Oder „Bevor ich dir verbindlich zusage, schaue ich schnell in meinen Kalender.“
6. Falsch verstandene Höflichkeit
Sie teilen das Büro mit einer Kollegin. Diese bedient sich regelmäßig an Ihrem Schreibtisch. Noch während Sie fragt „Du hast ja nichts dagegen, wenn ich mir mal deinen Locher nehme?“, hat sie ihn bereits in der Hand und verschwindet wieder an ihrem Schreibtisch. „Wenn´s sein muss“, antworten Sie sauer darüber, weil Sie wissen, dass die Kollegin ausgeliehene Dinge nicht zurückbringt und Sie hinter dem Ding wieder herlaufen müssen. Sagen Sie besser: „Doch, ich habe etwas dagegen, weil ich den Locher brauche. Bitte geh doch ins Lager und hole dir einen eigenen, dann haben wir beide alle notwendigen Dinge mit einem Handgriff parat.“ Sagen Sie deutlich, wenn Sie etwas nicht möchten, damit Ihre Bedürfnisse nicht auf der Strecke bleiben. Sagen Sie „Nein“, wenn Sie „Nein“ meinen.
Praxis-Tipp: So klappt es mit dem „Nein“
- Geben Sie Ihren Bedürfnissen die Priorität „wichtig“, und achten Sie darauf, dass kleine Freundschaftsdienste solche bleiben und nicht in Stress für Sie ausarten.
- Sagen Sie Ihr „Nein“ deutlich, und bleiben Sie dabei.
- Stellen Sie Ihr „Nein“ nicht selbst in Frage, sonst werden Sie am Ende noch zu einem „Ja“ überredet.
- Haben Sie keine Schuldgefühle, wenn Sie nicht „Ja“ sagen.
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