Wie würden Sie entscheiden?
„Hallo, ist Bernd da?“, fragt eine fröhliche Stimme mit englischem Akzent am anderen Ende der Leitung. Gaby ist einen Augenblick irritiert, weil sie nicht einordnen kann, wer am Telefon ist. Die wenigen Anrufer, die ihren Chef mit Vornamen ansprechen, erkennt sie gleich an der Stimme. „Darf ich Sie um Ihren Namen bitten?“, fragt Gaby höflich. „Hier ist Tom, Bernd wartet auf meinen Rückruf!“, sagt die Stimme drängend und inzwischen etwas ungeduldig. „Den Trick kenne ich“, schießt es Gaby durch den Kopf. Das ist bestimmt irgendein Vertreter, der meinem Chef etwas verkaufen will. Und weil ihr Chef sie für heute Vormittag ausdrücklich gebeten hat, nur ganz wichtige Anrufe durchzustellen, bleibt sie hartnäckig. „Darf ich um Ihren Nachnamen und den Grund Ihres Anrufs bitten?“, hakt Gaby nach. „Nein, stellen Sie mich durch. Es ist sehr wichtig“, sagt der Anrufer ärgerlich. „Tut mir Leid“, antwortet Gaby, „Herr Brenner ist in einer wichtigen Besprechung. Bitte rufen Sie in einer Stunde noch einmal an, oder hinterlassen Sie mir Ihre Rufnummer und den Grund Ihres Anrufs. Dann kann Herr Brenner Sie zurückrufen.“ „Stellen Sie mich sofort durch“, droht die Stimme. „Wenn nicht, bedeutet das großen Ärger für Sie.“ Gaby legt einfach auf, bevor sie in Versuchung gerät, dem Anrufer eine wütende Antwort zu geben.
Fünf Minuten später kommt ihr Chef ins Büro und sagt ärgerlich: „Eben hat ein wichtiger Geschäftsfreund, Tom Brown aus Philadelphia, bei mir angerufen, auf dessen Rückruf ich gewartet habe. Er ist bei Ihnen gelandet, weil er meine Handynummer verlegt hat und sagt, dass Sie ihn sehr arrogant und unfreundlich behandelt hätten!“ Gaby bekommt einen Schreck. Wie würden Sie sich in ihrer Situation verhalten?
Das rät Pia T.:
„Ich würde meinem Chef sagen, dass ich im Recht bin und nicht ich, sondern sein Geschäftsfreund unhöflich war, weil er mir seinen Nachnamen nicht genannt hat. Zudem war er auch noch unhöflich. Wie kann er da erwarten, dass ich ihn durchstelle?
Begründung: Mit meinem Chef ist abgemacht, dass ich alle Anrufer – bis auf private – nur mit Namen und Anrufgrund durchstelle. Also habe ich mich korrekt verhalten.“
Das meint Andrea S.:
„Ich würde mich erst einmal bei meinem Chef für das Missverständnis entschuldigen und ihm dann sagen, dass der Vorwurf der Unhöflichkeit nur bedingt stimmt. Weil der Anrufer sich nach mehrmaligem Nachfragen geweigert hat, Nachnamen und Anrufgrund zu nennen, habe ich angenommen, es handle sich um einen frechen Vertreter. Erst dann habe ich wortlos aufgelegt.
Begründung: Mein Chef kennt mich und wird mir mein Verhalten nicht übel nehmen, weil ich im Grunde strikt nach seiner Anweisung gehandelt habe.“
Das sagt Barbara M.:
Ich würde mich bei meinem Chef entschuldigen, ihm den Grund für mein Verhalten erklären und ihn dann um die Telefonnummer seines Geschäftsfreundes bitten, damit ich mich auch bei ihm entschuldigen kann.
Begründung: Wenn es sich um einen guten Freund meines Chefs handelt, sitzt der am längeren Hebel. Da ist es sicher diplomatischer, die Sache aus der Welt zu schaffen.“