Wann darf ein Rangniederer seine Visitenkarten reichen?


Nehmen wir folgendes Beispiel: Auf einer Messe treffen zwei Kollegen auf einen wichtigen neuen Kunden. Einer der Kollegen kennt den Kunden bereits, der andere kennt ihn noch nicht. Der Kunde geht offensichtlich davon aus, dass "man" weiß, wer er ist. Wie und wann könnte der zweite Kollege seine Visitenkarte reichen bzw. den Visitenkarten-Tausch initiieren? Oder muss er warten, bis der Ranghöhere aktiv wird? Wie würden Sie in diesem Fall entscheiden?

Früher: Antrittsbesuch mit Visitenkarte

Ursprünglich war die Visitenkarte eine Besucherkarte. Im viktorianischen England überreichten Damen und Herren der besseren Gesellschaft ihre Karte dem Butler, der diese Karte auf dem Silbertablett zu seiner Herrschaft trug und die Besucher auf diese Weise standesgemäß ankündigte. Je nach Rang und Status des Gastes, wussten die Gastgeber, wie sie sich zu verhalten hatten.

Heute: Visitenkarten-Regeln für Gast und Gastgeber

Aus dieser Tradition leitet sich ab, dass Gäste auch heute noch ihre Visitenkarten zuerst reichen, erst danach ist der Gastgeber oder die Gastgeberin dran. Und es ist immer noch üblich, dass Visitenkarten zu Beginn eines Treffens getauscht werden. So weiß man, mit wem man es zu tun hat.

In der Rubrik Tipps und Trends in Der große Knigge finden Sie Aktuelles und Wissenswertes rund ums Thema Stil und Etikette.

Visitenkartentausch auf neutralem Boden

In der oben geschilderten Situation gibt es keinen Gast und keinen Gastgeber, da das Treffen auf neutralem Gebiet stattfindet. Es stellt sich die Frage: Wer hat als erster das Recht zu erfahren, wer die ihm unbekannte Person ist? In diesem Fall ist es der Kunde, er ist die ranghöchste Person.

Es kursiert das Gerücht, dass immer der Ranghöhere zuerst seine Visitenkarte reichen muss. Doch so eine Regel würde den generellen Umgangsformen widersprechen. Es gilt: Der Ranghöhere erfährt immer zuerst, wer die ihm unbekannte Person ist. Die Information kann per Vorstellung oder per Visitenkartentausch erfolgen.

Eine stilvolle Lösung in diesem Fall wäre also: Kollege A, der den Kunden bereits kennt, stellt die beiden Unbekannten einander vor. Bei der Gelegenheit kann Kollege B seine Visitenkarte überreichen.

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