Es ist schwierig, einen Vorgesetzten zu finden, der die Kunst des Delegierens beherrscht. Einige delegieren zu viel – andere delegieren kaum.
Da gibt es Chefs, die gnadenlos alles abgeben; sie kommen morgens spät und gehen abends früh. Der Chef-Schreibtisch ist immer blitzblank, und die Mitarbeiter sind im Stress.
Warum Chefs nicht delegieren – und wie Sie trotzdem echte Assistenzaufgaben übernehmen
Meist jedoch haben wir es mit Vorgesetzten zu tun, die zu wenig delegieren. Haben auch Sie sich schon so manches Mal gefragt, warum Ihr Chef Ihnen bestimmte Aufgaben nicht überträgt?
Glauben Sie, dass er Ihnen misstraut? Das zumindest denken die meisten Sekretärinnen, deren Chef sich mit dem Delegieren schwer tut.
Assistenz & Sekretariat Inside verrät Ihnen, was wirklich hinter dem Delegations-Unvermögen steckt
1. Die Liebe zum Detail
Viele Vorgesetzte haben jahrelang in einem technischen Bereich gearbeitet. Sie sind darauf getrimmt, hundertprozentige Arbeit bis ins Detail abzuliefern. Denn der kleinste Fehler führt zum Desaster.
Wenn die Herren dann ins Management berufen werden, realisieren sie, dass sie weniger praktische Arbeit leisten müssen. Vielmehr sind strategische Entscheidungen gefragt. Wie aufregend – jedoch nicht für jeden.
Einige Manager verpassen den Absprung. Sie realisieren nicht, dass sie ihre Arbeitsweise ändern müssen, um erfolgreich zu sein. Doch da die Bosse nicht auf ihre neue Aufgabe vorbereitet wurden, wissen sie nicht genau, wie sie sich zu verhalten haben.
Das führt dazu, dass einige sich nach wie vor in Details verrennen, statt Ihrer Führungsaufgabe gerecht zu werden.
2. Chef will Kollege bleiben
Viele „Beförderte“ sehen sich plötzlich als der Vorgesetzte ihren ehemaligen Kollegen gegenüber. Das führt zu einer weiteren Schwierigkeit. Statt Entscheidungen zu treffen, versuchen sie, immer noch einer der Kollegen zu sein. Sie verrichten quasi ihre bisherige Arbeit weiter und vernachlässigen auch in dieser Hinsicht ihre Führungsaufgaben. Delegation bleibt weiterhin ein Fremdwort für Sie.
3. Fehler-Phobie
Einigen Chefs ist es einfach lieber, als Solist aufzutreten, als in einem großen Orchester zu spielen. Die Solisten haben große Angst davor, Aufgaben zu delegieren, weil sie sich im Wesentlichen vor zwei Dingen fürchten:
a) Die anderen könnten Fehler machen.
b) Man selbst könnte entbehrlich werden.
Vorgesetzte mit der „Fehler-Phobie“ müssen folgendes lernen: Wenn sie sich selbstständig denkende und handelnde Mitarbeiter wünschen, müssen diese die Chance bekommen, sich selbst zu entwickeln und eigene Fehler machen zu dürfen. Und das geht nun mal ohne Delegation nicht. Die Chefs müssen lernen, mit dem Risiko zu leben, dass Fehler gemacht werden. Denn nur aus Fehlern können auch die Mitarbeiter lernen.
4. Ich mache alles
Gute „Delegierer“ wissen, dass sie nicht jede Kleinigkeit selbst entscheiden können. Mitarbeiter müssen die Freiheit haben, über bestimmte Dinge selbst entscheiden zu können. Und wenn der Chef sich die Kleinigkeiten vom Hals hält, kann er sich seinen Management- Entscheidungen widmen.
Doch genau das realisieren viele nicht. Stattdessen denken sie, dass es effektiver sei, die Sache selbst zu erledigen, als sie einer anderen Person erst „lang und breit“ erklären zu müssen. Dass dies kurzfristig gedacht ist, wird häufig nicht realisiert.
5. Misstrauen
Tatsächlich gibt es auch die Vorgesetzten, die ihren Mitarbeitern potenziell misstrauen. Sie trauen ihnen nicht zu, verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen zu können. Auch dahinter steckt die Angst, für die Fehler der anderen den Kopf hinhalten zu müssen.
Was diese Chefs nicht realisieren, ist, dass Unternehmen ohne Delegation nicht funktionieren. Würde jeder so wenig oder gar nicht delegieren, gäbe es große Unternehmen überhaupt nicht.
Denn die Manager an der Spitze können nur dann ihren Job gut machen, wenn sie bereit sind zu delegieren, da sie selbst nicht mehr alles alleine machen können. Die großen Bosse vertrauen jeden Tag ihren Mitarbeitern und leben damit, dass Fehler passieren.
Das können Sie dagegen unternehmen
Sie haben drei Möglichkeiten, wenn Sie mit einem Chef zusammenarbeiten, der ein „Nicht-Delegierer“ ist.
a) Sie wechseln Ihren Job
Doch was passiert, wenn Sie wieder auf jemanden treffen, der Ihnen keine Verantwortung überträgt? Sie können nicht immer davonlaufen. Gehen Sie das Problem an, damit Sie auch in Zukunft damit fertig werden!
b) Finden Sie sich damit ab
Je weniger Ihr Chef delegiert, desto weniger Arbeit haben Sie. Sie könnten die Entscheidung treffen, dass Sie ihn nicht ändern können. Finden Sie sich damit ab, dass sie nur harmlose Dinge zu erledigen haben, und freuen Sie sich darüber, dass Sie jeden Tag pünktlich zu Hause sind. Die Frage ist nur: Reicht Ihnen das? Macht Ihnen die Arbeit so Spaß?
c) Finden Sie heraus, welcher Typ Ihr Chef ist
Fragen Sie sich: „Warum delegiert mein Chef nicht?“ Finden Sie heraus, was die Gründe für sein Verhalten sind. Wenn Sie wissen, weshalb er nicht delegiert, können Sie viel leichter Maßnahmen ergreifen, ihm seine Unsicherheit zu nehmen.
Angenommen, er leidet unter der „Fehler-Phobie“. Geben Sie ihm so viel Feedback wie möglich zu allem, was er Ihnen überträgt. So hat er ständig die Kontrolle darüber, dass Sie die Ihnen übertragenen Aufgaben zu seiner Zufriedenheit erledigen. Sagen Sie ihm nicht erst Bescheid, wenn die Aufgabe erledigt ist, sondern geben Sie Zwischeninfos. Das wird ihn beruhigen.
d) Erläutern Sie, wie Sie sich fühlen
Ihrem Vorgesetzten ist mit Sicherheit nicht klar, wie Sie sich fühlen, wie Sie unter seiner Arbeitsweise leiden.
Definieren Sie zuerst für sich, wie Sie sich fühlen. Übergangen? Überflüssig? Ungebraucht? Sagen Sie Ihrem Chef: „Ich fühle mich überflüssig“, oder: „Ich habe das Gefühl, dass Sie mir nicht vertrauen“.
Sprechen Sie von sich und Ihren Gefühlen. Klagen Sie nicht an. Vermeiden Sie Formulierungen wie „Sie übergehen mich“. Das wirkt anklagend, und Ihr Chef wird sich ganz sicher nicht mit Ihren Wünschen auseinander setzen.
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