Unternehmen als Assistentin des kaufmännischen Direktors. Diese Arbeit macht mir viel Freude, sie ist abwechslungsreich und verantwortungsvoll zugleich. Ich habe viel mit Menschen zu tun, kann organisieren, und mit meinem Chef komme ich super zurecht. Nun möchte er, dass ich zusätzlich die Leitung unseres Schreibbüros übernehme, weil die Kollegin in Mutterschutz geht und nicht wiederkommt. Das ist natürlich eine tolle Bestätigung für meine Arbeit. Ich arbeite gern mit Menschen zusammen, aber ich weiß nicht so recht, ob ich ernst genommen werde. Schließlich bin ich dann von heute auf morgen nicht mehr eine Kollegin, sondern die neue Vorgesetzte. Ich bin unsicher, wie ich mich entscheiden soll.“
Diese Unsicherheit einer Leserin ist kein Einzelfall. Wenn Sie vor der Entscheidung stehen „Will ich führen oder nicht?“, dann sind folgende Fragen berechtigt: „Nehmen die Kollegen mich ernst? Kann ich mich überhaupt durchsetzen? Komme ich nicht in Gewissenskonflikte? Was wird aus dem guten Verhältnis zu meinen Kollegen?“
Klären Sie folgende Punkte für sich, bevor Sie die Herausforderung annehmen:
- Bitten Sie Ihren Chef um eine genaue schriftliche Vorgabe der Erwartungen an Sie. Klären Sie mit ihm ab, welche Ihrer bisherigen Aufgaben Sie delegieren können.
- Erstellen Sie ein persönliches Profil für sich, in dem Sie alle Fähigkeiten und Stärken, aber auch alle Punkte, wo Sie etwas verbessern könnten, aufführen. Als Führungskraft müssen Sie zahlreiche Rollen übernehmen. Wichtig ist dabei, dass in diesen Rollen der Kern Ihrer Persönlichkeit steckt. Verstellen können Sie sich auf Dauer nicht. Wenn Sie eher ein ruhiger und einfühlsamer Mensch sind, nimmt Ihnen niemand die coole und unerbittliche Vorgesetzte ab.
- Planen Sie einen festen Zeitraum für die Einarbeitung in Ihre neue Aufgabe ein, und legen Sie – gemeinsam mit Ihrem Chef – fest, wer diese Einarbeitung übernehmen soll. Gute Führungskräfte fallen nicht vom Himmel. Je besser Sie eingearbeitet sind, desto problemloser meistern Sie die neuen Anforderungen.
- Bitten Sie die Geschäftsleitung, Ihren Aufstieg bekannt zu geben. Das erhöht die Akzeptanz im Unternehmen und beugt bösen Kommentaren der Neider vor, die Ihren Job ebenfalls gern gehabt hätten.
- Sie müssen sich informieren, welche Voraussetzungen, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen jeder der Mitarbeiter mitbringt und wie Sie im Einzelfall damit umzugehen haben. Informieren Sie sich auch bei den bisherigen Vorgesetzten, damit Sie einen schnelleren Überblick über die Aufgabe bekommen.
- Treffen Sie sich mit Ihren Mitarbeitern und zeigen Sie Ihre Ziele und Erwartungen genau auf. Transparenz erleichtert eine effiziente Zusammenarbeit.
- Holen Sie sich Feedback von Ihren Mitarbeitern, und arbeiten Sie an den Eigenschaften, in denen Sie Schwächen zeigen. Vergessen Sie dabei aber nicht, auch Ihre Stärken weiter auszubauen.
- Sie müssen sich darüber klar werden, dass Sie Nähe zu den Kollegen zu einem Gewissen Grad abbauen. Bei Gesprächen werden Sie merken, dass man Ihnen nicht mehr alles erzählt oder dass die kurzen Quatschpausen und das gemütliche Glas Wein nach Feierabend beim Italiener um die Ecke ohne Sie stattfinden.
- Sprechen Sie Mitarbeiter, mit denen es Probleme geben könnte, direkt an. Das können die sein, die schon seit Jahren in der gleichen Position im Unternehmen arbeiten oder neidische Kollegen, die Ihnen den Aufstieg nicht gönnen. Ein besonderes Problem könnte in Ihrem Geschlecht liegen. Nicht alle Männer lassen sich gern von einer Frau sagen, wo’s langgeht.
- Wenn Sie mit Querulanten zu tun haben, die einfach nicht einsehen wollen, dass die Besetzung der Stelle entschieden ist, dann sollten Sie eine Versetzung dieser Person in Erwägung ziehen. Sprechen Sie in solchen Fällen mit Ihrem Vorgesetzten.
- Machen Sie es sich nicht zum Ziel, von allen geliebt zu werden – das klappt nur so lange, bis Sie die erste unpopuläre Entscheidung treffen müssen. In der Rolle der Führungskraft sollte es Ihnen um Respekt gehen. Ihre Mitarbeiter sollten Sie als kalkulierbare Kraft schätzen, nicht als „everybody’s darling“. Als Führungskraft müssen Sie in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen – auch unpopuläre.
Fazit:
Wenn es Ihnen Freude macht, Ziele zu definieren, Aufgaben zu strukturieren, Arbeiten zu delegieren, Mitarbeiter zu motivieren und Feedback zu geben, Konflikte zu erkennen und an Lösungen zu arbeiten, dann sollten Sie sich dieser neuen Herausforderung stellen.