Irina ist auf dem Weg zu einem Mitarbeiter in ihrem Team. Gerade vorhin hat ihr Chef ihr sein Leid geklagt: Das Leistungsniveau von Jürgen Peters, einem langjährigen, sehr guten Mitarbeiter im Kundenservice, ist in den vergangenen 8 Wochen rapide abgesunken. Mehrere Kunden haben sich bereits massiv beschwert. Darunter auch zwei Großkunden, die dem Unternehmen empfindliche Umsatzeinbußen bescheren könnten, wenn sie zum Wettbewerb wechseln würden. Jeder im Team hat Verständnis für die momentane Leistungsschwäche
von Jürgen Peters. Vor 3 Monaten ist seine Frau gestorben. Kein Wunder, dass er nicht auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft ist. Aber nun scheint die Traurigkeit von Jürgen Peters auch für das Unternehmen Besorgnis erregende Ausmaße anzunehmen. Deshalb hat Irinas Chef sie gebeten, einmal einfühlsam mit ihm zu sprechen, um herauszufinden, wie sie diese schwierige Zeit gemeinsam überbrücken können.
Die Tür von Jürgen Peters ist nur angelehnt. Irina öffnet sie leise und will Jürgen Peters, der mit dem Rücken zu ihr sitzt, gerade ansprechen, als sie sieht, wie er eine flache Glasflasche aus der Schublade nimmt und ausgiebig daraus trinkt. Danac h lässt er sie wieder in seiner Schublade verschwinden. Verwirrt über ihre augenscheinliche Entdeckung zieht sie die Tür wieder etwas zu, als sie bemerkt, dass ihr der Kollege Robert Schuster über die Schulter schaut. Mit einer Kopfbewegung in Richtung Besprechungszimmer lotst er sie wortlos zum Besprechungstisch und schließt die Tür hinter sich. „Wir Kollegen im Service wissen das schon seit längerer Zeit“, eröffnet er Irina. „Schon während der Krankheit seiner Frau hat er hin und wieder einen Schluck genommen. Aber da
war mit seiner Arbeit noch alles in Ordnung. Seit seine Kathrin tot ist, hat die Trinkerei allerdings überhandgenommen. Wir alle versuchen, ihm zu helfen und seine momentanen Schwächen auszubügeln. Ich bin sicher, er ist bald wieder in Ordnung. Lassen Sie ihm noch etwas Zeit. Bitte sagen Sie dem Chef nichts über das, was Sie gerade gesehen haben!“
Wie würden Sie an Stelle von Irina handeln?
So würde Elke S. handeln: „Ich würde meine Entdeckung sofort an den Chef weitergeben. Inwieweit die Schlechtleistung von Jürgen Peters auf seinen Alkoholkonsum zurückzuführen ist, kann ich nicht beurteilen.
Begründung: Wenn der Mitarbeiter an einer Alkoholerkrankung leidet, muss sofort gehandelt werden, und zwar zu seinem eigenen Wohl und auch im Sinne des Unternehmens. Kollegen dürfen dieses Verhalten niemals decken.“
Das würde Sabine Z. tun: „Ich würde zu Jürgen Peters gehen und ihn direkt ansprechen. Ich würde ihm ein Gespräch zu dritt, gemeinsam mit meinem Chef, vorschlagen und ihm auch versichern, dass unser Chef ihm wirklich helfen will.
Begründung: Jürgen Peters braucht professionelle Hilfe von einem Arzt oder Psychotherapeuten. Ich würde für ihn die entsprechenden Therapiestellen ausfindig machen und ihm eine sofortige Therapie vorschlagen. Seine Abwesenheit in dieser Zeit kann sicher personell überbrückt werden. Je schneller er seine Trauer und sein damit verbundenes Alkoholproblem in den Griff bekommt, umso besser für alle Beteiligten.“
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