Das war der Fall:
Eine Mitarbeiterin hatte ursprünglich einen Teilzeitarbeitsvertrag mit 28,5 Stunden pro Woche. Dann arbeitete sie aber über ein Jahr so viel wie eine Vollzeitkraft, ohne einen neuen Vertrag abzuschließen. Danach wollte der Arbeitgeber die Mitarbeiterin wieder nur 28,5 Stunden pro Woche beschäftigen. Daraufhin klagte die Mitarbeiterin vor Gericht: Sie verlangte, in Zukunft als Vollzeitkraft bezahlt und beschäftigt zu werden. Glauben Sie, dass die Mitarbeiterin vor Gericht Recht erhielt? Lesen Sie das Urteil auf Seite 7 in dieser Ausgabe.
So urteilte das Landesarbeitsgericht Hamm:
Es gab der Mitarbeiterin Recht.
Begründung:
Wenn ständig und über längere Zeit eine bestimmte erhöhte Arbeitszeit vom Arbeitgeber abgerufen und vom Mitarbeiter geleistet wird, sind das keine Überstunden. Es handelt sich um die tatsächlich geschuldete vertragliche Leistung. Maßgeblich ist dann nicht der Text im Arbeitsvertrag, sondern der wirkliche Wille der Parteien, der im „gelebten“ Rechtsverhältnis zum Ausdruck kommt. Daher kann der Mitarbeiter von einer stillschweigenden Neuregelung des Arbeitsvertrags ausgehen. Der Umfang der stillschweigend vereinbarten Arbeitszeit ergibt sich aus den praktizierten Arbeitszeiten der vergangenen Jahre (LAG Hamm, 4.5.06, Az: 8 Sa 2046/05).
Tipp:
Machen Sie Ihren Chef darauf aufmerksam, wenn die ständige Mehrarbeit einer Teilzeitkraft überhandzunehmen droht. Wenn er nicht will, dass eine Vollzeitstelle entsteht, muss er darauf achten, dass Teilzeitkräfte nicht dauerhaft mehr arbeiten, sondern nur gelegentlich Überstunden leisten.
Übrigens: Überstunden und damit keine vertraglich geänderte Arbeitszeit entsteht immer dann, wenn der erhöhte Arbeitsanfall nur gelegentlich, und zwar durch nicht geplante Umstände entsteht. Das darf dann auch ohne Konsequenzen häufig und über einen langen Zeitraum geschehen.