Sekretärinnen und Assistentinnen werden in vielen Unternehmen mit besonderen Zeichnungsbefugnissen ausgestattet. Die Art der Vollmacht richtet sich nach ihren Aufgaben, Kompetenzen und der sich daraus ergebenden Verantwortung.
Grundsätzlich gibt es für die Sekretärin 4 Zeichnungsvollmachten:
1. Sie unterschreiben mit i. V. oder i. A.
Erhalten Sie Prokura, so muss diese umfassende Handlungsvollmacht in das Handelsregister eingetragen werden. Sie zeichnen dann mit „ppa.“ und besitzen alle in den §§ 48-53 HGB geregelten Vollmachten des Prokuristen. Sie sind zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die in irgendeiner Weise innerhalb eines Handelsgewerbes vorkommen können. Diese Form gibt es – bei Sekretärinnen und Assistentinnen allerdings recht selten – vorwiegend in Kleinunternehmen.
So unterschreiben Sie, wenn Sie Prokura haben:
Firma XY
ppa. Achtung: handgeschriebene Unterschrift!
Silvia Kunz
Die zweite Form ist die Handlungsvollmacht, bei der Sie mit „i. V.“ unterschreiben. Vielfach finden wir heute bei Handlungsvollmacht den Zusatz „m. V.“ (mit Vollmacht), um eine Verwechslung mit dem Begriff „in Vertretung“ zu vermeiden.
Bei der Handlungsvollmacht wird es sich in der Regel um eine Art- oder Teilvollmacht handeln.
Ihre Befugnisse werden durch die §§ 54-58 HGB festgelegt. Handlungsvollmacht ist eine besondere Art der Vollmacht. Sie kann durch jeden Kaufmann, für ihn auch durch einen Prokuristen (Prokura), erteilt werden. Die Handlungsvollmacht wird nicht ins Handelsregister eingetragen. Ihr Umfang kann vom Vollmachtgeber beliebig bestimmt, insbesondere auf einzelne oder bestimmte Arten von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen (z. B. bis zu einem festgelegten Geldbetrag) beschränkt werden. Eine Handlungsvollmacht sollte schriftlich verfasst werden, damit es sowohl zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer als auch im Außenverhältnis nicht zu Missverständnissen kommt.
So unterschreiben Sie, wenn Sie Handlungsvollmacht haben:
Firma XY
i. V. Achtung: handgeschriebene Unterschrift!
Silvia Kunz
Die weitaus häufiger vorkommende Form ist die Zeichnungsvollmacht für bestimmte Aufgaben oder von Fall zu Fall. Der Chef beauftragt Sie, nur bestimmte Schriftstücke selbstständig zu unterschreiben.
In diesem Fall müssen Sie das dadurch zum Ausdruck bringen, dass Sie „i. A.“ (im Auftrag) vor Ihren Namen setzen. Nur mit dem Namen zu unterschreiben ist nicht korrekt.
So unterschreiben Sie, wenn Sie Zeichnungsvollmacht haben:
Firma XY
i. A. Achtung: handgeschriebene Unterschrift!
Silvia Kunz
In vielen Unternehmen wird die Zeichnungsvollmacht i. A. von allen Mitarbeitern genutzt. Sie unterschreiben damit nicht im Auftrag einer bestimmten Person, sondern im Auftrag des Unternehmens, für das sie tätig sind. Empfehlenswert ist es, schriftliche Richtlinien auszuarbeiten, wer wann „im Auftrag“ unterschreiben darf. Und zwar deshalb, weil dadurch zum einen wiederum Missverständnissen innerhalb des Unternehmens vorgebeugt wird und zum anderen die Unterschrift, die „im Auftrag“ geleistet wurde, den Empfänger dazu berechtigt, anzunehmen, dass er sich auf die Angaben verlassen kann. Wenn falsche Informationen einen Rechtsfall nach sich ziehen, haftet das Unternehmen.
2. Sie unterschreiben nur, wenn der Chef nicht da ist
Im Geschäftsleben kommt es immer wieder vor, dass der Chef einen Brief diktiert, ihn selbst aber nicht mehr unterschreiben kann, weil er in der Zwischenzeit das Haus verlassen hat.
Er beauftragt daher Sie, den Brief selbstständig fertigzustellen und zu verschicken.
Beispiel:
Müller AG
gez. Otto Müller
handgeschriebene Unterschrift der Sekretärin
i. A. Else Braun, Assistentin
Die Form „nach Diktat verreist“ wird heute nicht mehr so häufig gebraucht. Denn sie wird von manchem Geschäftspartner als eine gewisse Nichtachtung angesehen. Am besten gibt der Chef in kritischen Fällen im letzten Absatz eine kurze Begründung ab. Beispiel: „Damit Sie das Angebot so schnell wie möglich in Händen haben, schickt Ihnen heute meine Assistentin Frau Braun in meinem Auftrag die genauen Daten. Am Mittwoch bin ich von der Geschäftsreise zurück und werde sofort mit Ihnen Kontakt aufnehmen, um alle Details mit Ihnen zu besprechen.“
Arbeiten Sie bei derartigen Briefen besonders sorgfältig, damit Ihnen kein Fehler unterläuft, denn Sie geben ohne Kontrolle des Chefs und in seinem Namen eine Erklärung an Fremde weiter. Das heißt: Sie werden als Übermittlerin einer fremden Erklärung und damit als Erklärungsbote (juristischer Fachbegriff) tätig.
Bei derartigen Geschäften kann es trotz aller Sorgfalt doch vorkommen, dass Ihnen ein Fehler unterläuft. Um dabei nachteilige Rechtsfolgen auszuschließen, ist es am zweckmäßigsten, bei wichtigen Rechtsgeschäften mit den Gesprächspartnern eine Informationsbestätigung zu vereinbaren. Dadurch können Fehler sofort erkannt und berichtigt werden.
Wurde der Vertragspartner bereits aktiv, weil er davon ausging, dass alle Informationen korrekt waren, muss Ihr Chef den entstandenen Schaden ersetzen. Das kann schon beträchtliche Folgen haben, beispielsweise wenn die Lieferfirma Neuinvestitionen aufgrund des Auftrags vorgenommen hat.
3. Sie verfügen über die Blankounterschrift des Chefs
In diesem Fall beauftragt Sie der Chef, einen von ihm vorher diktierten Brief ohne seine Kontrolle abzusenden. Es kann sein, dass er Ihnen nur den Sachverhalt schildert und Sie den Text selbst formulieren. Für solche Aufgaben unterschreibt der Chef einen Blankobriefbogen. Eine Blankounterschrift sollte nur in Ausnahmefällen und bei 100%-igem Vertrauen gegeben werden.
Haben Sie einige Bögen mit der Blankounterschrift Ihres Chefs vorrätig, müssen Sie besonders sorgfältig sein, damit sie nicht Unberechtigten in die Hände fallen und Missbrauch damit getrieben wird.
Wie sieht es mit der Rechtslage bei Blankounterschriften aus? Geben Sie versehentlich eine falsche Erklärung ab, so ist sie rechtswirksam. Bestellen Sie beispielsweise versehentlich eine falsche Ware und der Empfänger der Bestellung nimmt diese an, so ist ein gültiger Vertrag zustande gekommen. Das Gleiche gilt bei einer Auftragsbestätigung.
4. Sie haben eine eingescannte Chefunterschrift oder einen Faksimilestempel
Eingescannte Unterschriften sind mittlerweile als rechtsgültig anerkannt, z. B. auch dann, wenn Sie E-Mails mit Unterschrift-Scan versenden. Faksimile ist eine originalgetreue Wiedergabe der Unterschrift. Hierfür kann ein Faksimilestempel benutzt werden. Auch diese Unterschrift wird bei Rechtsgeschäften anerkannt.
Geben Sie ein Schreiben weiter, das der Chef diktiert hat und das Sie mit einer derartigen Unterschrift versehen haben, gilt dies als verbindliche Erklärung des Chefs. Misstraut der Geschäftspartner dieser Form, muss er rückfragen. Andernfalls wird sie voll wirksam. Ist Ihnen dabei ein Irrtum unterlaufen, kann der Chef später Schadenersatzansprüche bei Ihnen geltend machen. Er muss den entstandenen Schaden aber vorerst übernehmen.
Ein Faksimilestempel sollte stets sicher verschlossen aufbewahrt werden. Die Datei mit der gescannten Unterschrift muss 100%-ig gesichert sein. Ihr Chef muss die Anordnung der sicheren Aufbewahrung kontrollieren, sonst vernachlässigt er seine Führungspflicht. Auch hier ist es empfehlenswert, eine schriftliche Erklärung niederzulegen, wer befugt ist, mit einer derartigen Unterschrift zu arbeiten.